Derzeitige Lebensbedingungen in Syrien
Schule
Insgesamt liegt die Rate der Analphabeten in Syrien bei ca. 15 %. Dennoch dauert der Krieg mittlerweile so lange an, dass eine ganze Generation von Kindern keine geregelte Schulausbildung erlebt hat. Rund 3,2 Millionen syrischen Kindern fehlt es im Heimatland oder im Fluchtland an schulischer Perspektive. Viele Mädchen und Jungen leben in Notunterkünften und Zelten. Schulen wurden im Krieg zerstört.
Zudem werden Kinder für Kampfeinsätze rekrutiert oder sie schließen sich aus wirtschaftlicher Not bewaffneten Gruppen an, um so ihre Familien zu unterstützen (Quelle: BMZ).
Medizin
Auch der Großteil der Gesundheitseinrichtungen wurde im Krieg zerstört, sodass die Bevölkerung auf Hilfe aus dem Ausland angewiesen ist. Rund die Hälfte der Krankenhäuser im Land ist zerstört oder beschädigt. Zudem mangelt es an Ärzt:innen, von denen pro 1.000 Einwohner:innen lediglich 1,5 zur Verfügung stehen. Laut Aktion Deutschland hilft, ist die Lebenserwartung in Syrien seit Beginn des Krieges von 70 auf 55 Jahre gesunken.
Wasser
Der sichere Zugang zu Trinkwasser ist für fast 12 Millionen Menschen in Syrien seit dem Krieg nicht mehr vorhanden, ebenso wenig wie Sanitär- und Hygieneeinrichtungen (Quelle: Oxfam Deutschland). Laut BMZ stehen manchen Menschen im Land nur 5 Liter Wasser pro Tag zur Verfügung. Diese Situation führte vielerorts bereits zum Ausbruch von Infektionskrankheiten und birgt diese Gefahr weiterhin. Aufgrund von fehlendem Ölvorräten und einem instabilen Stromnetz ist in großen Teilen des Landes keine durchgehende Wasserversorgung möglich.
ErnäHrung
Laut World Food Programme (WFP) fehlt im Jahr 2021 rund 60 % der Bevölkerung der Zugang zu ausreichender Ernährung. Sie sind daher auf die Unterstützung ausländischer NGOs angewiesen. Die Zahl der hunger leidenden Menschen ist dabei in den letzten Jahren stetig und rapide gestiegen. Auch in den Flüchtlingscamps herrscht durchweg Unterernährung bei Kindern, Frauen und Männern.
GEOGRAPHIE
Syrien liegt in Vorderasien und grenzt an die Türkei, Jordanien, den Libanon und Israel. Zudem hat das Land einen Küstenstreifen von rund 212 km.
Die Geographie Syriens ist geprägt von Wüste, fruchtbaren Küstenlinien sowie der Bergkette Jebel an-Nusariyah. Außerdem fließt der Euphrat mit rund 600 km durchs Land, was die Bewässerung wichtiger landwirtschaftlicher Flächen ermöglicht. Dennoch wirkt sich der Klimawandel auch auf die Agrarwirtschaft in Syrien aus. Beim Regenfeldbau fielen zuletzt aufgrund langer Dürreperioden wichtige Ernten aus. Gleichzeitig führen die Flüsse des Landes immer weniger Wasser.
An der syrischen Küste herrscht Mittelmeerklima mit regelmäßigen Niederschlagen. In Richtung Landesinnere ist die Umgebung immer stärker durch Dürre gekennzeichnet. Die Sommer sind sehr heiß und trocken, wobei die Temperaturen in den Nächten stark sinken. Auch die Winter in Syrien sind sehr kalt.
GESCHICHTE
Die Geschichte Syriens ist geprägt von Fremdherrschaft und steten Unruhen. Im 19. Jahrhundert gehörte das Land zum Osmanischen Reich, ging aber dann an die Franzosen über.
Erst im Jahr 1946 erlangte Syrien die völlige Unabhängigkeit von Frankreich. Die französische Verwaltung hatte das Land zuvor in drei Staaten eingeteilt: Damaskus, Aleppo und den „Alawitenstaat“. Als separate Verwaltungsbezirke wurden das Drusenbergland und Alexandretta bestimmt. Bis zum Jahr 1939 wurden alle Bezirke zum Staat Syrien verbunden; lediglich Alexandretta wurde an die Türkei abgetreten.
Bereits in den 1920 Jahren hatte sich die nationalistische Elite gegen die Besetzung erhoben und sich im sogenannten „Nationalen Block“ organisiert. Dies war zu dieser Zeit die einzig bestehende und erlaubte Partei. Es folgte ein syrischer Verfassungsentwurf im Jahr 1928, in dem unter anderem die Religionsfreiheit für alle Bürger*innen sowie souveräne Befugnisse für einen Präsidenten vorgesehen waren. Frankreich lehnte diesen Vorschlag jedoch ab, was Streiks, Wahlboykotts und Demonstrationen der städtischen syrischen Mittelschicht zur Folge hatte. Im Anschluss begann das syrische Volk sich erfolgreich gegen die Besatzung aufzulehnen, sodass Frankreich 1940 kapitulierte. Nach weiteren 6 Jahren der Mandatsverwaltung durch Frankreich und die Bombardierung Damaskus‘ durch französische Flugzeuge, erhöhten Großbritannien, die USA und die UN den Druck auf die Westeuropäer zum Abzug aus Syrien. Die letzten französischen Truppen verließen 1946 das Land.
Starkes Wirtschaftswachstum
In den folgenden Jahren erlebte das Land einen starken Wirtschaftswachstum, was vor allem auf die Verarbeitung landwirtschaftlicher Produkte, wie Getreide und Baumwolle zurückzuführen ist. Allerdings profitierte nur ein kleiner Teil der Bevölkerung von diesem Aufschwung, was die soziale Ungleichheit im Land vergrößerte. Gleichzeitig war das Land durch die Niederlage der arabischen Armeen gegen das neu gegründete Nachbarland Israel im Jahr 1948 verunsichert. Syrien wurde innenpolitisch instabiler, sodass nach zwei vorangegangenen Putschs im Jahr 1949 Oberst Adib al-Schichekli Präsident wurde und bis 1954 im Amt blieb.
Politik
Syrien war politisch immer sehr eng an die sozialistischen Staaten geknüpft. So kam es dazu, dass im Jahr 1958 eine Gruppe syrischer Offiziere nach Kairo reiste und dort einen Zusammenschluss zwischen Syrien und Ägypten durchsetzte: die Vereinigte Arabische Republik (VAR). Allerdings fand die Zusammenarbeit nicht so statt, wie die Syrer sich das erhofft hatten: Der ägyptische General Nasser griff stattdessen in das syrische Parteiensystem ein. Nur die Baath-Partei war noch erlaubt, die einen (pan-)arabischen Nationalismus verfolgte. Die bis dato existierende Syrische Sozial-Nationalistische Partei sowie die Syrische Kommunistische Partei wurden verboten. Zusätzlich griff der Staat in die wirtschaftlichen Vorgänge des Landes ein, Gewerkschaften wurden entmachtet und Ländereien enteignet.
Im Januar 1961 folgte die teilweise bis gänzliche Verstaatlichung von Banken und Versicherungen. Die Unzufriedenheit der syrischen Bevölkerung wuchs. Mit einem Militärputsch wurde die Mitgliedschaft in der VAR 1961 beendet und die Syrische Arabische Republik gegründet – leider mit erfolgloser Regierungsgründung, sodass ein erneuter Militärputsch folgte. Die anschließenden Machthaber stammten aus der Baath-Partei.
Allerdings konnten innerpolitische Unruhen 1966 einen Putsch der Parteilinken ermöglichen, die eine sozialistische Richtung für das Land verfolgten. Luftwaffenchef Hafiz al-Assad stieg dabei zum Verteidigungsminister auf und konnte das starke Militär hinter sich positionieren. Mithilfe dieser machtvollen Position gelang es ihm, die Partei- und Staatspitze zu verhaften und eine neue Regierung zu bilden – mit seiner Person an der Spitze.
Hafiz al-Assad 30 Jahre im Amt
Auch außenpolitisch war Assad aktiv, marschierte 1976 in den Libanon ein und unterstützte den Iran in dessen Krieg mit dem Irak. Die wirtschaftliche Lage Syriens verschlechterte sich Ende der 1970er Jahre stark, die Kritik am Regime wuchs. Ab 1979 begann die islamische Opposition mit dem Kampf, vor allem gegen die alawitische Dominanz des Assad’schen Staates. Die Armee reagierte mit Gegenangriffen, die im Februar 1982 schätzungsweise 30.000 Menschen das Leben kosteten und im „Massaker von Hama“ deren Altstadt größtenteils zerstörte. Assad zerschlug mit diesem Angriff erfolgreich die Muslimbrüderschaft und verfolgte anschließend linke Oppositionelle.
Das Vorgehen in Hama sollte als Abschreckung für jegliche Kritik am Regime dienen – erfolgreich. Obwohl die Bevölkerung Syriens weiterhin unter zunehmender Korruption, Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage und Missachtung der Bürger*innenrechte litt, gab es keine erneuten Übernahmeversuche durch oppositionelle Parteien. So konnte nach Assads Tod im Jahr 2000 dessen Sohn Baschar unbehelligt das Präsidentenamt übernehmen.
Baschar al-Assad kam zunächst liberaler als sein Vater daher, entließ einige Kriegsgefangene und erklärte sich bereit, den Atomwaffensperrvertrag zu unterzeichnen. Seine militärischen Aktivitäten im Libanon brachen jedoch nicht ab, Demonstrierende im eigenen Land wurden weiterhin gefangen genommen, eine Stationierung von Beobachtungstruppen der Vereinten Nationen an der syrisch-libanesischen Grenze lehnte er ab. Außerdem erklärte er Israel offiziell als Feind seines Landes. Gleichzeitig näherte Assad sich Russland an, unter anderem durch einen Vertrag zur Erdölförderung, und stellte sich als Verbündeter von Iran und Venezuela offiziell gegen die USA.
Innenpolitisch lässt Baschar einige Wahlen durchführen, die er ohne Ausnahme mit Mehrheit gewinnt. Die Wahlen sowie ein Verfassungsreferendum werden von internationalen Beobachter als Farce bewertet.
Der Arabische Frühling zog im Jahr 2010 auch in Syrien ein und es kam zu ersten Protestaufrufen von Oppositionellen: für politische Freiheit und den Sturz der Regierung. Besonders stark kämpften hierbei der syrische Nationalrat sowie die Freie Syrische Armee. Die Demonstrationen wurden gewaltsam niedergeschlagen. Die Vereinten Nationen verurteilten die Vorgänge in Syrien als Menschenrechtsverletzungen und fordern ein Ende des Bürger*innenkrieges, obwohl die Vetomächte China und Russland sich gegen scharfe Formulierungen aussprachen.
ÖKONOMIE
Der langjährige Krieg hat auch die Wirtschaft im Land stark beschädigt. Hinzukommen Sanktionen von ausländischen Partnerländern, beispielsweise im Ölgeschäft. Dabei sind die Förderung von Erdgas und Erdöls die Haupteinnahmequellen des Landes.
Das Syrische Pfund verlor in den letzten Jahren rund 70 % seines Wertes, die Inflationsrate lag im Jahr 2013 bei schätzungsweise 213 %.
Aktuelle Zahlen zu Syrien gibt es derzeit kaum.
Was bedroht die Menschen in Syrien?
Die syrische Bevölkerung wird vor allem durch die instabile politische Lage bedroht, die auch durch internationale Maßnahmen nicht zu retten scheint. Der Krieg zehrt an den Menschen, ebenso wie an den Strukturen im Land. Es gibt kaum Nahrung und Wasser, die medizinische Versorgung ist katastrophal, die Infrastruktur zerstört. Viele Syrer*innen sind auf der Flucht im eigenen Land oder haben sich bereits in die Nachbarländer oder gar nach Europa abgesetzt (vgl. Malteser International).
Unterschiede in den Regionen des Landes / zwischen den Volksgruppen
In Syrien leben rund 17 Millionen Einwohner:innen. Die Mehrheit der Menschen ist muslimischen Glaubens, wobei hier unterschiedliche Konfessionen vertreten sind. Darunter bilden die Sunniten mit 73 % den größten Teil der muslimischen Bevölkerung, Alawiten folgen mit 11 %. Der Anteil christlicher Syrer:innen wird auf 10 bis 12 % geschätzt. Auch hier sind unterschiedliche Konfessionen vertreten (vgl bpb).
Die ethnischen Hintergründe der Mehrheit sind arabisch, daneben leben Kurd:innen, Turkmen:innen, Aramäer:innen, Assyrer:innen und Armenier:innen im Land. Die größte ethnische Minderheit der Kurd:innen (geschätzt 10 bis 12 %) lebt hauptsächlich im Norden und Nordosten des Landes (Quelle: bpb). Die Amtssprache in Syrien ist Arabisch, wobei im Alltag auch oft Kurdisch und Armenisch zu hören ist.
Insgesamt haben die verschiedenen Ethnien und Religionen lange friedlich zusammengelebt, da sie dieselben Werte teilten und Respekt füreinander zeigten. Die Menschen gruppierten sich eher nach Einkommensgruppe oder regionaler Herkunft, statt nach Religion und Ethnie.
Quellen:
BMZ – Bundesminesterium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Die Syrienkrise; URL: https://www.bmz.de/de/laender/syrien (zuletzt aufgerufen am 31.01.2022)
bpb – Bundeszentrale für politische Bildung. Inhalt; URL: https://www.bpb.de/mediathek/178828/syrien-die-urspruenge-der-krise (zuletzt aufgerufen am 31.01.2022)
Malteser International – Order of Malta Worldwide Relief. Die Situation der Vertriebenen und Geflüchteten 2020; URL: https://www.malteser-international.org/de/hilfe-weltweit/naher-osten/syrien/der-buergerkrieg-in-syrien-ein-ueberblick.html (zuletzt aufgerufen am 31.01.2022)