Derzeitige Lebensbedingungen in Ruanda
Schule
Im Bildungsbereich hat das Land in den beiden zurückliegenden Jahrzehnten erhebliche Erfolge erzielt. Die Einschulungsrate ist von 83% in 2002 auf 94% in 2017 angestiegen, auch weil eine kostenlose Schulbildung eingeführt wurde. Jedoch bricht fast ein Viertel der Kinder die Grundschule vorzeitig ab.Für die finanziell schwächer gestellten Teile der Bevölkerung, vor allem auf dem Land, ist der Zugang weiter erschwert.
Medizin
Bei der Gesundheitsversorgung hat es in den beiden vergangenen Jahrzehnten durch das gesamtwirtschaftliche Wachstum Fortschritte gegeben. Die Verbesserung der Lebensbedingungen in Ruanda insgesamt lässt sich an konkreten Zahlen ablesen. Die Sterblichkeit von Kindern unter fünf Jahren sank von 181 Todesfällen pro 1000 Kinder im Jahre 2000 auf 38 im Jahr 2017. Die Lebenserwartung ist im gleichen Zeitraum von 48 auf 67 Jahre angestiegen. Mit Unterstützung Deutschlands wurde eine Krankenversicherung eingeführt, eine in der Region einmalige Einrichtung.
Wasser
ErnäHrung
Wichtigste Anbaukulturen zur Eigenversorgung sind die Knollenfrüchte Maniok (Kassava), Süßkartoffel (weniger: Kolokasien), verschiedene Bohnensorten, teilweise Erbsen. Der Sojaanbau breitet sich immer stärker aus; im Zentrum des Landes wird daraus sogar Tofu hergestellt. In den höheren Lagen werden Kartoffeln, Weizen und Erbsen abgebaut. Bananen, die zur Weinherstellung und als Speise- und Obstbananen genutzt werden, werden in großen Mengen angebaut, vor allem in den tieferen und mittleren Lagen, klimabedingt weniger in höheren Lagen. Sie sind aber kulturell hoch angesehen. An Getreidefrüchten wird Sorghum angebaut für Bier- und Speisebreiherstellung (v. a. in den tiefen und mittleren Lagen), außerdem Mais; in den Senken wird auch zunehmend mehr Reis sowie Weizen angebaut (Letzterer in den hohen Lagen).
Geographie
Ruanda ist ein Binnenstaat in Ostafrika, der an Tansania, Uganda, Kongo und die Demokratische Republik Kongo grenzt. Geografisch besteht Ruanda zum großen Teil aus einem durchschnittlich 1500 Meter hoch gelegenen Hochland, einem Vulkangebiet an der Grenze zu Uganda und dem Kongo und einer ausgedehnten Fluss- und Seenlandschaft im Osten.
In Ruanda herrscht tropisches Hochlandklima. Dazu gehören zwei Regenzeiten von Februar bis Mai und von September bis Dezember. Dann kommt es immer wieder zu Überschwemmungen, auf dem Land richten Sturzbäche und Erdrutsche Schäden an.
In Ruanda leben etwa 12,7 Millionen Menschen, über 40 Prozent davon sind Kinder. Bei einem Staatsgebiet von 26.300 Quadratkilometern errechnet sich eine Bevölkerungsdichte von fast 500 Einwohner:innen pro Quadratkilometer, das ist der höchste Wert in Afrika. In der Hauptstadt Kigali leben 1,3 Millionen Menschen.
Was bedroht die Menschen in dem Land?
Geschichte
Tutsi und Hutu leben im heutigen Staatsgebiet Ruandas seit vielen Jahrhunderten zusammen. Dabei waren die Hutu traditionell eher Ackerbauern, die Tutsi eher Viehzüchter. Zwar gab es auch Konflikte, lange handelte es sich eher um ein friedliches Miteinander. Hutu und Tutsi sprechen seit je her die gleiche Sprache und haben auch andere kulturelle Gemeinsamkeiten. Die ethnischen Differenzen zwischen Hutu und Tutsi erhielten ihre Sprengkraft erst in der Phase der Kolonialisierung durch Deutschland und Belgien
Von 1884 bis 1916 gehörte Ruanda zu Deutsch-Ostafrika, einer deutschen Kolonie. 2016 vertrieben die Belgier die Deutschen, die keinen nennenswerten Widerstand leisteten. Fortan hatte Belgien das Sagen, zunächst mit Mandat des Völkerbundes, ab 1945 als Treuhandgebiet der UNO. Ruanda wurde 1962 selbstständig.
Drei Jahre zuvor kam es allerdings schon zu einem Aufstand der Hutu gegen die damals tonangebenden Tutsi. Jetzt wurde deutlich, dass sich doch gravierendere gesellschaftliche Spannungen entwickelt hatten. Dahinter steckten ungerechte soziale Strukturen und die ungleiche Machtverteilung. Die Hutu gelangten nun an die Macht, aber in den folgenden Jahrzehnten kam es immer wieder zu bewaffneten Auseinandersetzungen.
Anfang der 1990er Jahre eskalierte dies zu einem Bürgerkrieg. Die Rwandan Patriotic Front (RPF), in der die Tutsi-Rebellen organisiert waren, wollte ihren Anspruch auf politische Mitgestaltung mit einer Invasion gewaltsam durchsetzen. Viele von ihnen waren seit den sechziger Jahren aus Angst vor Repressionen und Ermordungen ins Ausland geflohen. Jetzt nutzen die regierenden Hutu-Eliten die angespannte Situation, die Bevölkerung zum Massenmord an den Tutsi, aber auch an gemäßigten Hutu anzustiften.
Konkreter Auslöser war der Abschuss eines Flugzeuges, in dem sich Staatschef Juvenal Habyarimana befand, einem Hutu. Der Genozid dauerte 100 Tage, die treibenden Kräfte kamen aus der Armee, der Präsidentengarde, der Polizei und der Verwaltung. Das Morden wurde von der RPF militärisch beendet, indem sie, angeführt von Paul Kagame, von Uganda kommend, die Hauptstadt Kigali einnahm. In der Folge flohen etwa 1,5 Millionen Hutu in die benachbarte Demokratische Republik Kongo – sie fürchteten die Rache der Überlebenden.
Politik nach dem Genozid
Die Regierung Ruandas sieht Sicherheit und Stabilität als ihre vorrangigen Ziele an, sicher ein Resultat der Erfahrungen des Völkermordes aus dem Jahre 1994. Die Aufarbeitung des Geschehens wurde intensiv betrieben. Bis seiner Auflösung im Jahre 2015 wurden vor einem Internationalen Strafgerichtshof 93 Personen angeklagt, von diesen wurden 62 verurteilt.
Außerdem wurden im Jahre 2002 die traditionellen Dorfgerichte wiederbelebt, die sich mit minder schweren Fällen befassten. Vor diesen sogenannten Gacaca wurden im Laufe der nächsten zehn Jahre rund eine Million Fälle verhandelt. Inzwischen ist in Ruanda eine beachtliche Versöhnung gelungen. Die ruandische Armee ist ethnisch durchmischt, jede Art von Hetze wird bestraft. Eine Rolle spielte auch, dass die internationale Gemeinschaft Ruanda mit großen Summen unterstützte, den Frieden zu konsolidieren und den Genozid aufzuarbeiten.
Neuer starker Mann in Ruanda wurde der vormalige Rebellenführer Paul Kagame. Nach dem Bürgerkrieg und dem Genozid wurde er zwar zuerst nur Vizepräsident unter Pasteur Bizimungu, aber das Sagen hatte er von Anfang an. Im Jahr 2000 wurde er Präsident. In der Folgezeit bekam er wegen der Erfolge seiner Wirtschaftspolitik viel Zustimmung.
Bei der letzten Wahl im Jahre 2017 erreichte er ein Ergebnis von 98,8 Prozent, was allerdings misstrauisch macht. Das ist ein Ergebnis, das es bei demokratischen Wahlen nicht gibt. Immerhin waren zwei Oppositionskandidaten zugelassen worden. Gleichzeitig wurde allerdings auch ein Referendum durchgeführt, das Kagame ermöglicht, auch noch eine dritte Amtszeit anzuhängen. Diese würde im Jahre 2034 enden.
Politisch stellt sich gegen den mächtigen Präsidenten Kagame das Bündnis Vereinigte Demokratische Kräfte (FDU-Inkingi). Der landesweite Koordinator Sylidio Dusambumuremyi wurde im Jahr 2019 ermordet. Zuvor war schon drei anderen Vertretern des Bündnisses etwas zugestoßen. Die Parteichefin Victoire Ingabire glaubt nicht, dass es sich um eine zufällige Häufung handelt. Immer wieder wird der Vorwurf erhoben, Ruanda lasse politische Gegner des Staatschefs verschwinden; Auftragskiller seien im Dienste der Regierung unterwegs.
Tatsächlich sind Defizite in Sachen Demokratie und Rechtsstaatlichkeit unübersehbar. Demokratische Rechte wie Meinungs- und Versammlungsfreiheit sind eingeschränkt, die politische Opposition wird mit strafrechtlichen Mitteln verfolgt. Die Medien werden streng kontrolliert, unabhängig arbeiten können sie alle nicht.
Bemerkenswert ist, dass Ruanda die Volksvertretung mit dem weltweit höchsten Frauenanteil von 61 % hat. Auch in der Wirtschaft sind wichtige Positionen von Frauen besetzt. Die Gleichberechtigung ist nicht nur gesetzlich verankert, die Regierung tritt auch nachdrücklich dafür ein. Traditionsbedingte Benachteiligung von Frauen gibt es vor allem noch auf dem Land. Trotzdem ist Ruanda bei der Geschlechtergerechtigkeit weltweit führend, noch vor vielen Industrienationen.
Aus Vorreiter gilt Ruanda in Afrika auch bei den Themen Umweltschutz; zum Beispiel sind Plastiktüten verboten.
Andererseits gibt es in der Hauptstadt Kigali noch keine geordnete Entsorgung des Abwassers; dieses läuft ungeklärt in die Flüsse. Die Regierung treibt auch die Digitalisierung des Landes voran, hat dabei aber mit Fachkräftemangel zu kämpfen.
Erfolge vorweisen kann die Regierung bei der Bekämpfung von Korruption. Auf dem Korruptionswahrnehmungsindex von Transparency International, einer Nicht-Regierungsorganisation, ist Ruanda unter 180 Ländern von Rang 102 im Jahre 2008 auf Rang 51 im Jahre 2019 geklettert.
Ruandas aktive Außenpolitik
Ruanda strebt ausdrücklich eine Bindung in regionale Bündnisse und eine aktive außenpolitische Rolle an. Zehn Prozent der Soldaten des Landes sind in anderen afrikanischen Ländern im Einsatz, Ruanda weitet so seinen Einfluss aus. Das Land gibt also nicht ohne Grund 1,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für sein Militär aus. Erst 2020 wurden ruandische Truppen in Auseinandersetzungen zwischen Regierungstruppen und Rebellen in der Zentralafrikanischen Republik verwickelt.
Dabei werden diese Aktivitäten international durchaus begrüßt – seitens der Vereinten Nationen zum Beispiel dann, wenn sie selbst keine Truppen aufbieten wollen oder können. Kritiker sehen dies auch als Grund dafür an, dass die internationale Diplomatie sich nur zurückhaltend zu den Menschenrechtsverletzungen äußert.
In Ruanda selbst wird durchaus eingeräumt, mit dem internationalen Engagement auch gewisse Defizite kompensieren zu wollen – Ruanda hat kaum Rohstoffe und keinen Zugang zum Meer. Ein weiterer Hintergrund ist zumindest zeitweise der Genozid von 1994 gewesen – es galt auch, gegen sich im Ausland gebildete Hutu-Milizen vorzugehen. Mit dem Streben Ruandas nach internationaler Anerkennung ist auch die Aufnahme von Flüchtlingen aus Somalia, dem Sudan und Eritrea zu erklären, die in Libyen gestrandet waren, die Europa aber nicht aufnehmen wollte. Ruanda bot sich als zwischenzeitliches Aufnahmeland an, die EU finanzierte das Projekt.
Ökonomie
Wirtschaftlich gilt Ruanda als Musterland, sogar über Afrika hinaus. 2017 wurde Ruanda als ökonomisch effektivstes Land des Kontinents eingestuft. „Ruanda zeichnet sich durch einen großen Reformwillen aus“, lobt die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KFW) das Land auf ihrer Internetseite.
Das Bemühen der Regierung, die wirtschaftliche Entwicklung des Landes voranzutreiben, hat durchaus sichtbare Erfolge gebracht. In den letzten fünf Jahren haben die Statistiker ein Wirtschaftswachstum von sechs bis neun Prozent ermittelt. Wirtschaftliche Fortschritte hat es bereits seit dem Jahr 2000 gegeben.
Die wirtschaftliche Aufwärtsentwicklung nach dem Bürgerkrieg wurde auch durch die Ausbeutung von Rohstoffen angeschoben. Die Regierung Ruandas ist außerdem ausdrücklich bemüht, ausländische Investoren ins Land zu holen, um das Wirtschaftswachstum anzukurbeln und auf diesem Weg die Lebensbedingungen der Bevölkerung zu verbessern. Andererseits wird kritisiert, staatsnahe Firmen würden private Investoren hemmen, in Ruanda zu investieren.
Hemmende Faktoren der wirtschaftlichen Entwicklung sind auch die im Vergleich zu den Nachbarländern hohen Energie- und Transportkosten. Zudem fehlen Fachkräfte, und die Infrastruktur ist nicht gut ausgebaut. Die Stromversorgung ist unzureichend, nur ein Drittel der Bevölkerung hat einen Zugang. Die vorhandenen Kraftwerke werden mit Diesel und Schweröl betrieben, was zu hohen Strompreisen führt. Die Leitungsnetze sind veraltet, häufige Stromausfälle sind die Folge. Weitere Probleme sind fehlende betriebswirtschaftliche Kenntnisse und ein niedriges Niveau der Berufsausbildung.
Die Regierung sieht ein starkes Wirtschaftswachstum als wichtiges Mittel an, die Armut im Lande zu bekämpfen. Immerhin ist der Anteil armer Bewohner von 60 Prozent im Jahre 2000 auf 38 Prozent im Jahre 2016 gesunken. Der Anteil der sehr armen Menschen ging im gleichen Zeitraum von 40 auf 16 Prozent zurück. Das im Jahre 2000 ausgegebene Ziel, bis 2020 ein mittleres Einkommensniveau zu erreichen, wurde allerdings nicht erreicht. Daraufhin wurde dies erneut als Ziel für das Jahr 2035 definiert.
Tatsächlich ist Ruanda ungeachtet aller unbestreitbaren Erfolge bei der wirtschaftlichen Entwicklung immer noch ein sehr armes Land. Die meisten Menschen arbeiten bei geringem Einkommen in der Landwirtschaft. Viele auch in informellen und daher schlecht bezahlten Beschäftigungsverhältnissen. Nach wie vor ist festzustellen, dass mehr als ein Drittel der Bevölkerung chronisch unterernährt ist. Besonders betroffen sind die Kinder auf dem Land.
Mehr als zwei Drittel der Einwohner Ruandas hat kein geregeltes Einkommen, und damit übrigens auch keinen Zugang zu irgendwelchen Bankdienstleistungen. Die erschwert es vielen, eigenständig einen Weg aus der Armut zu finden. Zum Beispiel kann jemand ohne Konto kaum für irgendwelche Notsituationen sparen.
Es gibt gewisse Alarmzeichen. Das hohe Bevölkerungswachstum führt auch zu einer Übernutzung der natürlichen Ressourcen Ruandas. Die landwirtschaftliche Fläche schrumpft, die Qualität der Boden lässt nach. Diese Probleme werden durch extreme Wetterereignisse wie Starkregen und Dürrephasen verschärft. Das kann zu Versorgungsproblemen führen.
Quellen:
Landeshauptstadt Mainz. Kigali: Allgemeine Information; URL: https://www.mainz.de/verwaltung-und-politik/partnerstaedte/kigali.php (zuletzt aufgerufen am 30.01.2022)
rlp-ruanda: Geografie; URL: https://www.rlp-ruanda.de/laenderinfos/ruanda/geographie/ (zuletzt aufgerufen am 30.01.2022)
statista. Ruanda: Gesamtbevölkerung von 1980 bis 2012 und Prognosen bis 2026 (in Millionen Einwohner) URL: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/412436/umfrage/gesamtbevoelkerung-von-ruanda/ (Stand: 21.02.2022)