Derzeitige Lebensbedingungen in Bangladesch
Schule
In Sachen Bildung steht Bangladesch vergleichsweise gut da. Die von der UNO vorgegebenen Ziele im Bereich „Bildung für alle“ werden erfüllt, es gibt eine hohe Einschulungsrate, über die tatsächlich erzielten Schulabschlüsse liegen uns keine zuverlässigen Daten vor.
Die Alphabetisierungsrate liegt bei 74 % (Stand: 2020). Das ist weltweit unterdurchschnittlich, weniger als im benachbarten Myanmar und ungefähr auf dem gleichen Niveau wie Indien.
Medizin
Bangladesch gibt weniger als drei Prozent seines Bruttosozialproduktes für das Gesundheitswesen aus. Gekennzeichnet ist dieses durch unterschiedliche Möglichkeiten, das System in Anspruch zu nehmen. Wohlhabendere Bewohner:innen haben Zugang zu hochwertigen Gesundheitsdiensten, ärmere Menschen können durchaus gute Angebote auch der öffentlichen Krankenhäuser nicht in gleichem Maße nutzen. Einerseits gibt es eine allgemeine und kostenlose Gesundheitsversorgung, andererseits ist deren Leistungsfähigkeit durch einen Mangel an Ärzten und Pflegepersonal, Medikamenten und medizinischer Ausrüstung gekennzeichnet.
Wasser
Die Dauerbeanspruchung laugt die Böden aus, die eingesetzten Pestizide verunreinigen neben dem natürlich vorkommenden Arsen das Grundwasser. Die zunehmende Versalzung der Böden wurde bereits erwähnt.
Auch verstärken sich Situation von lokalem Wassermangel. Häufig kommen durch das Wasser übertragene Krankheiten. Das Auswärtige Amt stuft das Risiko von Durchfallerkrankungen als „landesweit sehr hoch“ ein.
ErnäHrung
Die Notwendigkeit, eine große Menge von Menschen in einem relativ kleinen Land mit begrenzten landwirtschaftlichen Flächen zu ernähren, hat problematische Folgen.
Ein weiteres Problem ist die Unterernährung. Bei Kindern unter fünf Jahren ist sie die häufigste Todesursache überhaupt. Gewisse Fortschritte wurden erzielt, aber vor allem auf dem Land sind die Sterblichkeitsraten in diesem Kontext hoch.
Geographie
Bangladesch ist ein südasiatischer Staat am Golf von Bengalen, welcher knapp 148.000 km² (vgl. BMZ) groß ist (zum Vergleich: Die Fläche Deutschlands beträgt 358.000 km²) und grenzt im Norden und Westen an Indien, im Osten an Myanmar.
Bangladesch besteht zu 90 % aus flachem Tiefland, ein Teil davon ist das Mündungsdelta der Flüsse Meghna, Ganges und Brahmaputra. Mit ihren etwa 230 Nebenflüssen bilden sie eine ausgedehnte Flusslandschaft. Nur im Südosten des Landes gibt es mit der Hügel- und Berglandschaft der Chittagong Hill Tracts ein abweichendes Landschaftsbild.
Durch den intensiv betriebenen Ackerbau sind nur noch 15 bis 20 % des Landes bewaldet. Dabei handelt es sich zum Teil um tropische Regenwälder, im Mündungsdelta der Flüsse um eine ausgedehnte Mangrovenvegetation. Diese Gebiete bilden mit einer Gesamtfläche von 10.000 km² zusammen die größten Mangrovenwälder der Erde.
Geschichte
Den indischen Subkontinent, zu dem neben Indien auch das heutige Bangladesch und Pakistan gehören, wurde ab 1757 von den Engländern regiert. Nach der Unabhängigkeit 1947 wurde das Gebiet geteilt, es entstanden Indien und Pakistan. Konflikte zwischen dem östlichen und westlichen Teil Pakistans führten zu einer bengalischen Unabhängigkeitsbewegung, die im Jahre 1971 die Eigenständigkeit Ostpakistans als Bangladesch erreichte. Entstanden war die Volksrepublik Bangladesch. Es handelt sich um eine parlamentarische Demokratie mit reinem Mehrheitswahlrecht.
Erster Ministerpräsident wurde Bangabandhu Sheikh Mujibur Rahman. 1975 wurde er von einer Gruppe von Offizieren ermordet, es kam zu einer vom Militär unterstützten Regierung. 1990 kehrte Bangladesch nach einem Volksaufstand zu einer demokratisch legitimierten Regierung zurück. AW (Awami-Liga) und die BND (Bangladesch Nationalist Party) wechselten sich in der Führung ab, aktuell (2021) hat die AW 258 der 300 Sitze. Aktuelles Staatsoberhaupt ist Abdul Hamiid, die Ministerpräsidentin heißt Shaikh Hasina. Der Ministerpräsident hat die eigentliche Regierungsgewalt, er wird vom Präsidenten je nach den Mehrheitsverhältnissen im Parlament ernannt.
Aktuell befindet sich das Land in einer innenpolitisch angespannten Situation. Das Auswärtige Amt warnt, dass Kundgebungen, Streiks und Demonstrationen zu gewaltsamen Auseinandersetzungen führen können. Im Oktober 2020 kam es bei Protesten wegen der Veröffentlichung von Mohammed-Karikaturen in Frankreich, in Dhaka zu Unruhen. In verschiedenen Bezirken dürfen Ausländer:innen nur mit Genehmigung der Behörden reisen.
Ökonomie
Bangladesch ist, der Fläche nach, ein Agrarland, rund 70 % des gesamten Territoriums sind landwirtschaftliche Flächen. Die Industrie hat Schwerpunkte in den Bereichen Textil, Jute, Gerberei, Tee und Pharma, immer wichtiger wird die IT-Branche.
Bangladesch hat in den letzten Jahren ein Wirtschaftswachstum von etwa 6,5 % verzeichnet, zuletzt waren es sogar 8 %. Angekurbelt wurde das Wachstum bei der Industrieproduktion vor allem durch steigende Exporte. Zweitgrößter Exportmarkt für Bangladesch ist Deutschland. Gehemmt wird die wirtschaftliche Entwicklung durch Defizite bei der ordnungsgemäßen öffentlichen Verwaltung, hohe Jugendarbeitslosigkeit und Lücken in der Infrastruktur. Das Eisenbahnnetz veraltet, der Zustand vieler Straßen ist schlecht.
Die Textilindustrie macht knapp 11 % des BIP in Bangladesch aus. Sie hat dem Land in den vergangenen Jahrzehnten eine schnelle ökonomische Entwicklung gebracht. In über 4.200 Unternehmen sind Arbeitsmöglichkeiten für mehr als 4 Millionen Menschen, vor allem für Frauen. Die Verhältnisse in den Fabriken sind durch die Verletzung der Arbeitnehmerrechte gekennzeichnet. Dazu gehört auch die schlechte Bezahlung – die Regierung hatte den Mindestlohn im Jahre 2018 zwar verdoppelt, aber viele Nähende sind auf bis zu fünf Überstunden täglich angewiesen.
Aktuell befindet sich Bangladesch im Prozess einer schnellen Digitalisierung. Dieser wird als wichtiger Bestandteil der Entwicklung des Landes verstanden. Bangladesch ist ein bevorzugtes Land beim Outsourcing von IT-Dienstleistungen aus den Industrieländern. 50.000 Freiberufler:innen arbeiten in diesem Bereich.
Die Armutsquote konnte von 56,6 % im Jahre 1990 auf 21,8 % verringert werden. Wenn das Wirtschaftswachstum gleich hoch und stabil bleibt, das Bevölkerungswachstum wiederum gleichbleibend niedrig, dann wird damit gerechnet, dass die Armut im Land etwa bis zum Jahre 2030 besiegt sein könnte. Zu einer positiven, optimistischen Einschätzung der Situation sollten diese Erwartungen aber nicht führen. Einstweilen wird die Arbeitslosenquote zwar mit weniger als 5 % und damit niedrig angegeben, aber die Mehrheit der Beschäftigungsverhältnisse ist informeller Natur. Es gibt weithin Kleinbauern, grundbesitzlose Arbeiter:innen, die mit Ernährungsunsicherheit und chronischer Armut zu kämpfen haben.
Soziales
Ein Risikofaktor sind die sozialen Verwerfungen, die von den Überschwemmungen ausgelöst werden, vor allem wenn sie größer ausfallen als gewohnt. Dann kommt es zu Migrationsbewegungen im Land. Von den Menschen, die die Katastrophengebiete verlassen, kommen manche zurück, andere nicht. Vor allem sozial Schwächere sind von vornherein zum Bleiben gezwungen. Die Folge sind soziale Ungleichgewichte im ganzen Land. Die Regierung in Bangladesch bemüht sich um eine flächendeckende Verbesserung der sozialen Situation.
Herausforderung Flüchtlinge
Zu den verschiedenen Schwierigkeiten kam ab 2017 auch noch ein Flüchtlingsproblem. Im Sommer dieses Jahres begann im Nachbarland Myanmar die gewaltsame Vertreibung der Rohingya, einer muslimischen Minderheit. Fast eine Million Menschen flohen nach Bangladesch. Im größten Flüchtlingslager der Welt, Cox’s Bazar, gibt es keine ausreichende Wasser- und Gesundheitsversorgung, kaum Bildungsmöglichkeiten, häufig fehlen Nahrungsmittel. „Die Rohingya benötigen daher dringend Unterstützung durch die internationale Gemeinschaft, um die Bedingungen für ein Leben in Würde herstellen zu können“, schreibt das deutsche Außenministerium.
Herausforderung Terrorismus, Kriminalität und Drogen
Gewalt, Entführungen und Menschenhandel haben in den letzten Jahren in Bangladesch zugenommen, die Opfer sind zumeist Frauen und Kinder. Die Kriminalitätsrate insgesamt ist hoch. Zugenommen haben in jüngerer Zeit auch politisch motivierte Gewalt und Terrorismus. Das Auswärtige Amt in Berlin erinnert an einen islamistisch motivierten Terroranschlag im Juli 2016, bei dem in Dhaka 24 Menschen ums Leben kamen. Islamistische Organisationen riefen weiterhin zu solchen Anschlägen auf, die Gefahr bestehe also weiterhin, ungeachtet einer insgesamt eher toleranten islamischen Tradition.
Der Einfluss islamischer Fundamentalisten wächst bereits seit den 1980er Jahren. Die Regierung versucht, gegenüber all diesen Phänomenen eine Null-Toleranz-Strategie durchzuhalten. Auf der anderen Seite löst Besorgnis aus, dass viele politisch missliebige Personen verschwinden und nicht ausgeschlossen werden kann, dass staatliche Organe selbst daran beteiligt sind.
Drogenhandel und Drogenkonsum haben ebenfalls Ausmaße angenommen, die die öffentliche Sicherheit und die wirtschaftliche Entwicklung gefährden. Der Staat versucht, dies mit harten Strafen in den Griff zu bekommen. Die Mindeststrafe für Drogenbesitz beträgt zwei Jahre Gefängnis, ab 25 Gramm Heroin oder Kokain kann auch die Todesstrafe verhängt werden.
Quellen:
Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwiclung; URL: https://www.bmz.de/de/laender/bangladesch/soziale-situation-10692 (zueletzt aufgerufen am: 28.01.2022)
Malteser … weil Nähe zählt.; URL: https://www.malteser.de/index.php?id=169971&L=84#:~:text=Bangladesch%20ist%20einer%20der%20bev%C3%B6lkerungsreichsten,Dhaka%20hat%20neun%20Millionen%20Einwohner. (zueletzt aufgerufen am: 28.01.2022)
Statsita: Bangladesch: Die größten Städte im Jahr 2021* (nach Einwohnerzahl); URL: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1100381/umfrage/groesste-staedte-in-bangladesch/#:~:text=Im%20Jahr%202021%20ist%20die,eine%20der%20gr%C3%B6%C3%9Fte%20St%C3%A4dte%20Asiens. (Stand: 21.01.2022)