Wasserbeschaffung Afrika

Nigeria - das bevölkerungsreichste Land Afrikas

Nigeria zwischen soziale, ethnische, religiöse und politische Konflikte

Nördlich des Äquators in Westafrika, am Golf von Guinea liegt Nigeria. Mit über 211 Millionen Menschen und einer Bevölkerungsdichte von 223,2 Einwohner*innen pro Quadratkilometer ist es das bevölkerungsreichste Land Afrikas. In der Hauptstadt Abuja leben etwa 2,5 Millionen Menschen (vgl. auswaertiges-amt). Das Land ist mit knapp 923 km² (vgl. goruma) dreimal so groß wie die Bundesrepublik Deutschland. Wegen seiner großen Erdölvorkommen ist es ein wichtiger Erdölproduzent. Allein 2020 förderte es 86,9 Millionen Tonnen. Doch, obwohl damit die besten Voraussetzungen für eine gut florierende Wirtschaft vorhanden wären, gelingt es der Regierung nicht, den Erdölreichtum für den wirtschaftlichen und sozialen Aufstieg des Landes zu nutzen. Grund für die schlechte wirtschaftliche Entwicklung sind zahlreiche soziale, ethnische, religiöse und politische Konflikte. Neben einer langen Militärdiktatur und Korruption, zählt auch die islamische Terrorgruppe „Boko Haram“, und die damit verbundene angespannte Sicherheitslage zu den größten Herausforderungen, mit denen Nigeria zu kämpfen hat.

Informationen zum Land

Aktuelle Herausforderungen:

  • Korruption
  • Mangelernährung
  • Wasserknappheit

Nigeria ein reiches Land mit armen Menschen

Die Nigerianer sagen selber, dass Sie ein reiches Land mit armen Menschen sind. Seit vielen Jahren wächst die Wirtschaft um 5 bis 10 Prozent durch seinen Ölreichtum. Der reichste Nigerianer könnte im Jahr eine Million Euro ausgeben und das ganze 40 Jahre lang. Dennoch leben 70 Prozent der Nigerianer unterhalb der Armutsgrenze.

KLIMA UND NATURSCHUTZ

Nigeria, das bevölkerungsreichste Land Afrikas ist sehr stark vom Klimawandel betroffen. Die Durchschnittstemperatur könnten bis Ende des Jahrhunderts um drei bis sechs Grad Celsius steigen. Schon jetzt sind die Auswirkungen spürbar - Sturmfluten werden häufiger, Weide- und Ackerflächen knapper und durch die Erwärmung des Meeres sinken die Fischbestände.

BILDUNG UND ZUKUNFT

Die Furcht vor der Boko Haram und Verschleppung ihrer Kinder aus der Schule bewegt viele Eltern dazu, ihre Kinder zu Hause zu lassen. Zuletzt wurden im Februar 2021 in der Region Zamfara 317 Mädchen entführt. Neben Lösegeldforderungen dient dies zur Einschüchterung der Eltern, damit sie sich der Scharia zuwenden.

INTEGRATION UND TOLERANZ

Nigeria hat eine offene und pluralistische Gesellschaft. Es sind jeweils knapp 50 Prozent der Bevölkerung muslimischen bzw. christlichen Glaubens. Zudem gibt es eine nicht unerhebliche Zahl von Animisten und Animistinnen. Nigeria versteht sich als größtes gemischt christlich-muslimisches Land der Welt.

Derzeitige Lebensbedingungen in Nigeria

Schule

Gemäß der nigerianischen Verfassung hat jedes Kind ein Recht auf Bildung (Abschnitt 18, Kapitel II). Doch der Abschnitt 6(6)(c) schränkt das Bildungsrecht unmittelbar ein. Mit anderen Worten: Nigerias oberstes Gericht erklärte die in Kapitel II verankerten Rechte zu einer Ermessenssache. Obwohl die Grundschulen und unteren Sekundarstufen kostenlos sind, können sich die meisten Familien einen Schulbesuch ihrer Kinder nicht leisten. Denn für den Transport, die Schuluniformen, Lehrbücher und das Mittagessen müssen sie selbst bezahlen. 2018 bezifferte das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie die Analphabetenquote der über 15-jährigen auf 38 %.
Allgemein ist das nigerianische Schulsystem zentralstaatlich organisiert und unterliegt dem Bildungsministerium. Die Grundschulzeit beträgt 6 Jahre, die Mittelschule 3. Diese 9 Jahre gehören zur verpflichtenden Grundausbildung. Je nach Abschlussnoten können die Kinder dann weiterführende Bildungseinrichtungen besuchen.

Medizin

Das Gesundheitswesen Nigerias ist unterdurchschnittlich entwickelt. Auf 1.000 Einwohner:innen kommen 0,5 Krankenhausbetten. Im Land arbeiten rund 78.900 ausgebildeten Ärzte. Das bedeutet: Auf 1.000 Einwohner:innen kamen 2020 0,38 Ärzte. Durch den niedrigen Versorgungsstand liegt auch eine hohe Sterblichkeit bekannter Krankheiten vor. So sterben immer noch rund 17 % aller Menschen mit einer diagnostizierten Erkrankung wie Krebs, Diabetes, Herzkreislauferkrankungen oder der Chylomikronen-Retentions-Krankheit (CRD). 2019 starben laut Statista rund 74,2 Säuglinge von 1.000 Lebendgeborenen. Damit ist Nigeria das Land mit der dritthöchsten Säuglingssterblichkeit hinter der Zentralafrikanischen Republik und Sierra Leone. Neben ausgebildetem Fachpersonal fehlt es in dem Land auch an der technischen Ausrüstung. Während in den urbanen Gebieten die medizinische Versorgung aufgebaut wurde, blieb sie den ländlichen Regionen verwehrt. Allgemein gab Nigeria laut WHO 2018 nur 83,8 USD pro Kopf für die medizinische Versorgung aus.

Wasser

Obwohl Nigeria allgemein über große Wasserreserven verfügen könnte, ist das Land von Wasserknappheit betroffen und zahlreiche Menschen haben keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser und Sanitäranlagen. Laut WHO hatten 2020 nur 41 % der Bevölkerung Zugang zu sanitären Anlagen und nur 77 % zu sauberem Trinkwasser. Schuld daran sind das Missmanagement im Wassersektor, die marode Infrastruktur und der Klimawandel. So musste 2018 sogar der nationale Notstand ausgerufen werden. Der nationale Aktionsplan zur Wiederbelebung des nigerianischen WASH-Sektors (NAP) wurde gestartet. Besonders in ländlichen Regionen müssen die Menschen oft Kilometer laufen, um eine Wasserstelle zu erreichen. Diese sind zudem oft verschmutzt. Krankheiten wie Durchfall, Typhus oder Cholera sind die Folge. Wegen der fehlenden Vegetation kommt es immer wieder zu einer starken Bodenerosion, in deren Folge die fruchtbaren Ackerböden abgetragen werden und der Regen nicht mehr in den erodierten Böden versickern kann, weshalb der Grundwasserspiegel sinkt.

ErnäHrung

Zu den Spezialitäten in der nigerianische Küche gehört „Suya“, scharfe kleine Grillspieße mit Leber und Rindfleisch. Weitere beliebte Gerichte sind luftgetrocknete, gegrillte Fleischstücke und „Egussi Soup“, ein Eintopf mit Fleisch, Fisch und Melonenkernen. Allgemein sind die Hauptzutaten für nigerianische Speisen Paprika, Yasmuswurzeln, Tomaten, Zwiebeln, Erbse, Hirse, Mais, Reis, Kartoffeln und Maniok. Dazu werden gerne Ziegenfleisch, Rind, Geflügel, aber auch Fisch und Meeresfrüchte gegessen. Doch wegen der zunehmenden Verschärfung des Klimawandels nehmen auch die Dürreperioden im Land zu. Demzufolge steigt auch die Mangelernährungsrate. Bei Kindern unter 5 Jahren liegt sie mittlerweile bereits bei 40 %. Gemäß Welthungerindex liegt Nigeria für 2021 auf Platz 103 von 116 Ländern. Wegen der angespannten Lage kommt der Staat nicht umhin, Lebensmittel zu importieren. Allein für Reis werden jährlich rund 4 Milliarden US-Dollar ausgegeben.

Geographie

Geographie

Der Flächenstaat Nigeria grenzt im Westen an Benin, im Norden an Niger und Tschad, im Osten an Kamerun und im Süden an den Golf von Guinea. Der größte Fluss des Landes ist der Niger, der mit 4184 Kilometern auch der drittlängste Strom Afrikas ist. Dieser mündet westlich der Stadt Port Harcourt im sogenannten Nigerdelta in den Golf von Guinea. Mit rund 70.000 km² ist es eines der größten Flussdeltas der Welt. Nigeria liegt gerade einmal 380 Meter über dem Meeresspiegel. Die höchste Erhebung ist mit 2419 Meter Höhe der Chappal Waddi der Hochlandregion in Taraba. Durch seine Lage zwischen dem 4. und 14. Grad nördlicher Breite wird Nigeria durch zwei Klimazonen beeinflusst: dem Wüstenklima im Norden des Landes mit einer schwachen Regenzeit zwischen April bis Oktober und Dürreperioden zwischen November bis März sowie einem Tropenklima im Süden mit ergiebigen Regenfällen zwischen April bis Oktober. Die relative Luftfeuchtigkeit ist dort ganzjährig sehr hoch. Vor allem zwischen Juni bis Oktober liegt sie über 70 %. Im Süden erreichen die Temperaturen rund 30 °C, im Norden hingegen können sie an manchen Tagen über 50 °C steigen. Während man im Süden Nigerias noch feuchte Mangrovenwälder findet, wird die Vegetation nach Norden hin immer karger und endet mit der Dornstrauchsavanne im Bereich des Tschadsees. Wegen des enormen Raubbaus durch Ackerbau und Palmölplantagen sind mittlerweile rund 80 % der ehemaligen Regenwaldflächen gerodet. Dies veranlasste die Regierung, die restlichen Bestände unter Naturschutz zu stellen. Wegen der Zerstörung der natürlichen Lebensräume, aber auch wegen Wilderei und schonungsloser Jagd, sind die natürlichen Wildbestände des Landes nahezu ausgerottet.

Bildung

Geschichte

Erst am 01. Oktober 1960 erlangte die einstige britischen Kolonie ihre Unabhängigkeit. Noch heute sind Spuren der ehemaligen Herrschaft zu finden. Nicht nur, dass die Amtssprache des Landes immer noch englisch ist, auch sein Name ist eine englische Herleitung von „Niger Area (engl.: „Niger-Gebiet).

1485 war Portugal das erste westeuropäische Land, das mit Nigeria eine Handelsbeziehung einging. Besonders der Sklavenhandel florierte. Daher trug Nigerias Küste auch den Namen „Sklavenküste“. Schon bald stieg Großbritannien in den Sklavenhandel mit ein und erklärte 1886 die Hafenstadt Lagos zur Kronkolonie. Die neue Kolonialmacht bildete ein Handelsmonopol aus. Dabei setzte sie auf eine indirekte Herrschaftsausübung (indirect rule) und machte sich vorherrschende traditionelle Machtstrukturen zunutze. So gewannen sie Verbündete, ungeachtet der teils vorherrschenden Feindschaft unter den Stämmen. Doch dies war der Ausgangspunkt der späteren Bürgerkriege und Machtkonflikte am Ende der Kolonialzeit.

Seit der Unabhängigkeit ist das Land von sozialen Konflikten und Militärputschen geprägt. So löste General Johnson Aguiyi-Ironsi mit der Bildung von 12 Bundesstaaten am 27. Mai 1967 die späteren Biafra-Kriege zwischen den in der Provinz Biafra lebenden Christen des Volksstammes der Igbo und den muslimischen HausaFulani aus. Denn durch die Gebietsreform lagen große Erdölvorkommen nicht mehr im Einzugsgebiet der Igbo, die sich dadurch benachteiligt fühlten. Genau das Gefühl der Benachteiligung unter den einzelnen Volksstämmen ist schuld an den immer wiederkehrenden Auseinandersetzungen. Erst seit 1999 scheint etwas Ruhe einzukehren und es konnte sich ein demokratisches Staatssystem bilden. Inzwischen ist das Land eine Bundesrepublik mit präsidentiellem Regierungssystem. Bei den letzten Präsidentschaftswahlen im Februar 2019 wurde der amtierende Staatspräsident Buhari mit seiner Partei All Progressives Congress für eine zweite Amtszeit wiedergewählt. Die nächsten Wahlen sind 2023.

Ökonomie

Ökonomie

Neben Erdgas ist Erdöl der wichtigste Rohstoff für das Land. Die meisten Lieferungen gelangen in die USA und nach Europa. 2019 waren dies allein 92,8 % aller Exportgüter. Die restlichen 7,2 % fielen auf Kakao (1,6 %), Edelsteine und Edelmetalle (0,9 %), Ölsaaten und ölhaltige Früchte (0,8 %) und Erze (0,5 %). Trotz des Rohstoffreichtums lag die Exportquote von Waren und Dienstleistungen 2020 nur bei 8,8 % des BIP.

Wohingegen sich die Importquote auf 16,6 % belief. Ein weiterer großer Wirtschaftsfaktor ist die Landwirtschaft. Hier sind Maniok, Erdnüsse, Kakao, Ölpalmen und Hirse die wichtigsten Nutzpflanzen. Doch obwohl knapp 60 % der Landesbevölkerung in der Landwirtschaft arbeitet, lag der Anteil am Bruttoinlandsprodukt 2019 nur bei 21,9 %. Dies erklärt sich damit, dass die Landwirtschaft zur Versorgung der eigenen, rasant wachsenden Bevölkerung dient. Mittlerweile spielen für den weltweiten Export nur noch Kautschuk und Kakao eine Rolle.

Was bedroht die Menschen im Land?

Speziell in den armen Regionen des Landes müssen viele Menschen auf ausreichend Nahrung, sauberes Wasser aber auch medizinische Versorgung verzichten. Verschärft wird die Situation durch die Folgen des Klimawandels und die damit verbundenen längeren Dürreperioden und Missernten. Wegen der ausbleibenden Regenfälle trocknet der Tschadsee, die wichtigste Wasserquelle für den trockenen Norden, immer mehr aus. Auch die Terrormilizen verstärken die Hungerkrise. Als Beispiel ist hier Maiduguri, die Hauptstadt des nördlichen Bundesstaates Borno zu nennen. Auf der Flucht vor der Boko Haram aus dem Norden, haben sich die Leute hier am Stadtrand niedergelassen. Doch dadurch hat sich nicht nur die Einwohnerzahl verdoppelt. Neben den angestiegenen Lebensmittelpreisen wuchs die Furcht vor der nachrückenden Terrorgruppe. Daher haben viele Bauern darauf verzichtet, ihre Felder zu bestellen, was die Nahrungskrise zusätzlich verschärft.

Terrorgruppe "Boko Haram"

Doch seit Mitte 2010 treibt die islamistische Terrorgruppe „Boko Haram“ ihr Unwesen in Nigeria. Sie ist für zahlreiche blutige Anschläge verantwortlich. Ihre Ziele sind die Einführung der Scharia, der Sturz der Regierung und ein Verbot der „westlichen“ Bildung. Muslime und Christen, die sich gegen die Gruppe stellen, werden ermordet. Im Januar 2021 spaltete sich die nigerianische Terrororganisation Ansaru (Vorhut für den Schutz der Muslime in Schwarzafrika) von der Boko Haram ab. Auch sie setzen sich für die Einführung der Scharia ein. Die Ansura-Gruppe ist vor allem für Entführungen bekannt.

Quellen:

auswaertiges-amt. Nigeria; URL: https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/nigeria-node/nigeria/1602510 (Stand: November 2017)

bmz. Bundesminesterium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung; URL: https://www.bmz.de/de/laender/nigeria#:~:text=Im%20aktuellen%20Index%20der%20menschlichen,Platz%20161%20von%20189%20Staaten. (zuletzt aufgerufen am: 30.01.2022)

goruma. Nigeria: Geografie, Landkarte; URL: https://www.goruma.de/laender/afrika/nigeria/landkarte-geografie (zuletzt aufgerufen am: 30.01.2022)