Derzeitige Lebensbedingungen in Jemen
Schule
Schätzungen zufolge liegt die Analphabetenquote der jemenitischen Bevölkerung über 15 Jahre knapp unter 30 %. Nur geschätzt die Hälfte der Frauen kann lesen und schreiben, bei den Männern rechnet man mit 85 %.
Die Schulpflicht für Kinder steht zwar im Gesetz, aber die Bildungssituation für Mädchen und Jungen ist dennoch schlecht. Der Besuch der Grundschule ist im Jemen kostenlos, wird aber von den Mädchen und Jungen oft abgebrochen. Vor allem die Mädchen werden früh zwangsverheiratet und erhalten keinen Unterricht mehr. Außerdem ist das Niveau des Unterrichts eher niedrig.
Weiterführende Schulen besuchen nur 37 % der Kinder, da die Schulform kostenpflichtig ist und gleichzeitig kaum Bildungseinrichtungen vorhanden sind. Im Jemen gibt es sieben staatliche und acht private Hochschulen.
Medizin
Die Lebenserwartung liegt für Frauen bei ca. 68, für Männer bei 64 Jahren. Im Land ist nur noch die Hälfte der Gesundheitseinrichtungen zugänglich. Laut Aktion Deutschland Hilft stehen nur 0,31 Ärzt:innen pro 1.000 Menschen zur Verfügung.
Die Kindersterblichkeitsrate im Jemen ist hoch – fast 6 % der Mädchen und Jungen erreichen nicht das fünfte Lebensjahr. UNICEF berichtet, dass alle 10 Minuten ein jemenitisches Kind an vermeidbaren Krankheiten stirbt (vgl. UNICEF).
Auch die Cholera bricht im Jemen immer wieder aus. Ebenso ist Malaria immer noch eine Bedrohung für die Menschen, obwohl die Krankheit mittlerweile behandelbar ist.
Wasser
Nur 2,6 % der Jemenit:innen haben sicheren Zugang zu Trinkwasser. 60 % der Menschen haben lediglich Zugang zur Grundversorgung im Hinblick auf sanitäre Anlagen, somit haben fast 40 % keine Möglichkeiten für Hygiene, Toiletten oder zum Händewaschen.
ErnäHrung
20 Millionen Menschen haben keine sichere Versorgung mit Nahrungsmitteln. Derzeit sind 14,3 Millionen Menschen von Hunger bedroht. 70 % sind laut Vereinten Nationen auf humanitäre Hilfe angewiesen, die von der Regierung kaum zugelassen wird. 80 % der Armen leben auf dem Land.
Aufgrund der geografischen Bedingungen – Gebirgsregion und wenig Wasser – können die Menschen kaum eigene Landwirtschaft betreiben und sind fast vollständig auf Hilfsgüter angewiesen.
Geographie
Der Jemen liegt südlich von Saudi-Arabien, grenzt im Osten an den Oman und ist eineinhalb Mal so groß wie Deutschland. Der Südwesten des Landes liegt am Golf von Aden sowie am Roten Meer. Die Hauptstadt Sana’a liegt im westlichen Teil des Landes.
Die Küstenregion ist von Gebirgsflanken geprägt, mit einzelnen Kratern aus früherer Vulkan-Zeit. Hier ist das Klima feuchtheiß, allerdings gibt es kaum Niederschlag. Nur selten kühlen Ausläufer des indischen Monsuns die tropisch heißen Sommertage ab. Auch im mittleren Teil des Landes gibt es vulkanische Gesteine in Form von Randgebirgen. Nachts ist es hier sehr kühl, tagsüber liegen die Werte bei angenehmen 22-24°C.
In den Gebirgsregionen werden die höchsten Niederschlagsmengen des Landes gemessen. Richtung Norden grenzt ein Hochland mit Höhen zwischen 2000 und 2500 Metern an. Hier ist es das ganze Jahr über meist trocken mit sehr heißen Sommern und milden Wintern.
Geschichte
Der heutige Staat Jemen wurde aus dem konservativen und Saudi-Arabien zugewandten Nordjemen und dem seit 1967 vom britischen Kolonialgebiet unabhängigen Südjemen zusammengeschlossen. 1990 schlossen die Regierungschef der Jemenitischen Arabischen Republik und der Demokratischen Volksrepublik Jemen die gemeinsame Republik Jemen. Der erste gemeinsame Präsident war Ali Abdallah Salih. Salih schürte die Konflikte zwischen Volksgruppen der Zaydiyya und Wahhabiyya. Diese Konflikte lösten zwischen 2004 und 2010 insgesamt sechs Kriege in der Provinz Sa’da aus.
Der Süden des Landes wollte hingegen gewalttätig seine Unabhängigkeit zurückerlangen. Die Angriffe wurden vom Norden niedergeschlagen und tausende südjemenitische Bedienstete aus Militär und Verwaltung entlassen. Durch die Besetzung wichtiger Posten im Süden durch Nordjeminiten wurden die Ansprüche der Gruppen im Süden immer weiter zurückgedrängt und Gegenwehr größtenteils brutal niedergeschlagen. Die Umbrüche während des „Arabischen Frühlings“ im Jahr 2011 haben den Jemen komplett zerrüttet sowie die Bevölkerung, Politik und Militär gespalten.
Übergangspräsident Abd Rabbo Mansu Hadi sollte mit Reformen, einer neuen Verfassung und Wahlen die Situation verbessern. Dabei wurde er politisch und militärisch von einer Koalition (SGK) unterstützt. Die „Südliche Bewegung“ strebte weiterhin die Unabhängigkeit des Südens an, was nicht in den Verhandlungen thematisiert wurde. Auch die Huthis, die ebenfalls an den Protesten von 2011 beteiligte junge Bewegung, stand nicht hinter dem neuen politischen Kurs. Stattdessen bestand die neue Regierung vor allem aus alten Eliten, der ehemaligen Oppositionspartei Islah sowie der neuen Regierungspartei „Allgemeiner Volkskongress“ (AVK), die keine Verbesserungen für die Bevölkerung anstrebten. Dies minderte das Vertrauen in die politische Führung und stärkte die regierungskritischen Gruppen durch neuen Zuwachs.
Ökonomie
Die Arbeitslosenquote im Land liegt bei 12,8 % (vgl. statista). Aufgrund des Krieges gaben viele Menschen ihre Betriebe auf oder grenzten ihre Geschäftsaktivitäten ein. Das BIP lag im Jahr 2016 bei ca. 2.500 US-Dollar pro Person und sank in dem folgenden Jahre weiter. Obwohl nur knapp 3 % des Jemen landwirtschaftlich nutzbar sind, beschäftigt dieser Sektor mehr als 50 % der Arbeitskräfte und trägt zu 20 % zum BIP bei.
In Jemen gibt es Erdölvorkommen, dennoch ist das Land kein Mitglied des OPEC. Der Rohstoff im Land wird vor allem von ausländischen Unternehmen gefördert, die die Gewinne mit der Regierung teilen. Der Rohstoff scheint allerdings nicht mehr lange in ausreichender Form vorhanden zu sein. Ergänzend wird nun Erdgas exportiert, vor allem in die USA.
Aktuelle Konflikte in Jemen
Währenddessen wurden im Norden des Landes bereits gewaltsame Konflikte ausgetragen, die ebenfalls von Islah, Huthi und Verbündeten des früheren Präsidenten ausgingen. 2014 wurde die Übergangsregierung in Sana’a zum Rücktritt gezwungen. Es folgte eine kurze Regierungszeit unter Premierminister Khaled Bahah, der allerdings im selben Jahr wieder zurücktrat.
In 2017 gründete sich der Südübergangsrat, der die Interessen der Südjeminiten vertreten sollte und für ein unabhängiges Südarabien kämpfte. Unterstützt wurde er dabei von Vereinigten Arabischen Emiraten. Im August kam es zu Eskalationen zwischen Süden und Hadi-Regierung, die eigentlich mit dem Riad-Abkommen beendet werden sollten. Doch der Südübergangsstaat verweigerte die Kooperation und rief stattdessen die Selbstverwaltung des Südens aus, ohne von der Gesamtheit der Bevölkerung im Süden als politische Vertretung anerkannt zu sein.
Saudi-Arabien betrachtet den Norden des Landes als ihr Territorium und versucht mit Bombardierungen die dortige Kontrolle der Huthi zu beenden. Der Zugang zu Flughafen und dem größten Hafen des Landes, al-Hudayda, wurde eingeschränkt. Der Sieg über die Rebellen bleibt aus, gleichzeitig steht Saudi-Arabien unter massiver Kritik der Weltgemeinschaft. Auch der Iran hat sich mittlerweile in den Konflikt eingemischt und erhält immer größeren Einfluss auf den Jemen.
Vermittlung der UNO erfolglos
Die Vermittlung der UNO zur Konfliktlösung war bisher erfolglos. Im Jemen herrscht eine undurchsichtige Kriegsökonomie, unter der die Bevölkerung massiv leidet.
Quellen:
Auswärtiges Amt, Jemen: Überblick, Humanitäre Lage; URL: https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/jemen-node/jemen/202270
statista: Jemen: Arbeitslosenquote von 1991 bis 2024; URL: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/370607/umfrage/arbeitslosenquote-im-jemen/#:~:text=Im%20Jahr%202020%20lag%20die,rund%2012%2C8%20Prozent%20prognostiziert. (Stand: 21.01.2022)
unicef. URL: https://www.unicef.de/informieren/projekte/asien-4300/jemen-19406/kinder-im-krieg/75274?sem=1&un_source=google&un_medium=cpc&un_campaign=C_TPL_AlleL%C3%A4nder_Brand_Desktop&un_content=Jemen_UNICEF_Kombination_mt-p&un_term=unicef%20jemen&gclid=Cj0KCQiAxc6PBhCEARIsAH8Hff1b5HQ-JcxJNx8u-Kwgb4WzsaxY0xJg3pmlIxqu1BV6080Ypb3PCocaAj_KEALw_wcB (zuletzt aufgerufen am 28.01.20222)